Reden auf der Demonstration „Zusammen Halte(r)n für Demokratie“ am 14.2.25

Auf der Demonstration „Zusammen Halte(r)n für Demokratie“ am 14.2.25 wurden einige wichtige Reden gehalten, die u.E. in schriftlicher Form wiedergegeben werden sollten, damit ihre Aussagen nicht verloren gehen. Wir danken Landrat Bodo Klimpel (CDU), Jule Brinkert (Joseph-König-Gymnasium) und Linda Olbing (Schülersprecherin Alexander-Lebenstein-Realschule).
Rede von Bodo Klimpel auf der Demonstration „Zusammen Halte(r)n für Demokratie“ am 14.2.25
Hallo, Haltern am See.
Es ist unheimlich schön, wieder zu Hause zu sein und ich bin wirklich total ergriffen und stolz darauf, wie viele Menschen heute hier für die Demokratie kämpfen. Toll. Ja, lieber Michael Ostholthoff, lieber Bürgermeister, meine Herren Abgeordneten, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allen Dingen aber liebe Demokratinnen und Demokraten. Wir haben gerade von Mark Rosendahl schon einiges gehört zum Thema Demokratie und warum die wichtig ist. Und wir sind ja heute nicht nur hier, um für die Demokratie zu sein, sondern wir sind ja auch heute hier, weil wir gegen etwas sind.
Wir sind gegen Rechtsextremismus und wir sind gegen Nazis. Und da gibt es wirklich schreckliche Beispiele in der deutschen Geschichte, woran man gut erkennen kann, dass es gut ist für die Demokratie zu sein und dass es gut ist, gegen Rechtsextremismus zu sein. Die Nazis haben nur dreizehn Jahre lang gebraucht, um dieses Land und halb Europa in Schutt und Asche zu legen. Und die Demokratie sorgt dafür, dass wir seit achtzig Jahren Frieden in Europa haben und das ist gut so. Und dafür müssen wir jeden Tag kämpfen, liebe Freundinnen und Freunde.
Und ich habe jetzt schon auf einigen dieser Kundgebungen gesprochen und ich suche mir immer ’n Lieblingsplakat aus. Ich hab beispielsweise auf ’ner Kundgebung in Marl, der Brian Nickholz war dabei und würd mir das bestätigen können, da fand ich ein Plakat klasse, da stand drauf „Lilli Fee statt AfD“. Und heute ist mein Lieblingsplakat – nicht das mit dem Teufel, sondern ja – sondern mein Lieblingsplakat heute ist: „Es ist fünf vor zwölf“. Und das ist es in der Tat, meine Damen und Herren. Erich Kästner hat einmal gesagt, wer die Machtergreifung 1933 hätte verhindern wollen, hätte bereits 1927 damit anfangen müssen.
Und jetzt ist die Frage: Was haben wir heute? Und deswegen ist dieses Plakat sehr wichtig. In der Tat, es ist fünf vor zwölf. Und sorgen wir alle gemeinsam dafür, dass wir fünf nach zwölf nicht erreichen werden, sondern die Demokratie auch fünf nach zwölf noch unser System in Deutschland ist.
Ich möchte mich bedanken bei all denjenigen, die das hier heute so toll organisiert haben. Und ich find’s auch gut, dass wieder einmal unsere Polizei hier aus dem Kreis Recklinghausen da ist, um diese Kundgebung zu beschützen. Das zeigt ja auch deutlich, wie wichtig das ist, dass in diesem Land alle zusammenarbeiten, zusammenstehen und gemeinsam für unsere Staatsform, die Demokratie, eintreten. Und wenn man dann hier ist, und so tolle Reden hört, insbesondere von unseren jungen Damen, die das hier gerade so hervorragend gemacht haben, da muss ich ganz ehrlich sagen, ist mir darum auch nicht bange. Haltern am See bleibt demokratisch! Da bin ich ganz, ganz sicher.
Und, natürlich werde ich kurz vor der Bundestagswahl auch öfters mal gefragt: „sagen sie mal Herr Klimpel, was wählen sie eigentlich?“ „Darf ich nicht sagen“, weil ich bin ja als Landrat parteipolitisch neutral. Aber ich gebe allen, die da wählen dürfen, einen Tipp. Wählen Sie die Demokratie.
Rede von Jule Brinkert (Schülerin Joseph-König-Gymnasium) auf der Demonstration „Zusammen Halte(r)n für Demokratie“ am 14.2.25
„Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist, es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.“
Wir alle kennen die deutsche Band „Die Ärzte“, die seit vielen Jahren für ihre gesellschaftskritischen Songtexte bekannt ist.
Dieser Satz aus dem Lied „Deine Schuld“ bringt in meinen Augen etwas Wahres auf den Punkt. Niemand von uns trägt die Verantwortung dafür, in welche Verhältnisse er hineingeboren wurde oder welche Entscheidungen vor seiner Zeit getroffen wurden. Aber wir tragen sehr wohl die Verantwortung dafür, was wir daraus machen. Wir können zwar die Vergangenheit nicht ändern, aber wir haben großen Einfluss darauf, was morgen passiert.
Jeden Tag werden politische Entscheidungen getroffen, die unsere Zukunft bestimmen. Jeden Tag erleben wir Ausgrenzung, die unsere Gesellschaft spaltet. Und jeden Tag stehen wir vor der Wahl, ob wir wegschauen oder uns aktiv für das einsetzen, was uns wichtig ist.
Demokratie ist nicht immer bequem. Vor allem dann nicht, wenn sie gefährdet ist. Aber Verantwortung zu übernehmen bedeutet auch nicht, dass wir direkt allein die Welt retten müssen. Doch Veränderung beginnt nicht bei den anderen – sie beginnt bei uns selbst.
„Sobald einer über die Staatsangelegenheiten sagt: Was geht’s mich an?, muss man damit rechnen, dass der Staat verloren ist.“, soll der Philosoph Rosseau schon in der Mitte des 18. Jahrhunderts gesagt haben. Da gab es das demokratische Deutschland, so wie wir es heute kennen, noch gar nicht. Und doch hat er, wie ich finde, den Kern der Demokratie ziemlich genau auf den Punkt gebracht. Sie ist verloren, wenn die Menschen pessimistisch sagen: Was geht mich das an – diese Stadt, diese Regierung, dieses Europa, diese Welt??
Ich, Jule Brinkert, geboren und aufgewachsen im demokratischen Deutschland, denke ja, das alles geht mich eine ganze Menge an, weil ich ein Teil davon bin. Und weil ich ein Teil davon bin, muss ich aufstehen. Weil ich ein Teil davon bin, muss ich meine Stimme erheben. Und weil ich ein Teil davon bleiben möchte, bin ich heute hier.
Ich persönlich finde, das mit dem Stolz ist immer so eine Sache. Aber heute bin ich es. Stolz auf uns alle hier und auf die vielen Menschen, die in den letzten Wochen bereits deutschlandweit auf die Straßen gegangen sind. Und ich hoffe, Sie gehen später mit einem ähnlichen Gefühl nach Hause. Stolz, Teil einer so wichtigen Bewegung gewesen zu sein.
Denn eine allein kann tatsächlich fast nichts ändern, auch und gerade in einer Demokratie nicht. Aber wenn die Eine, die Einzelne ihren Mund aufmacht, dann kann aus der Einzelnen eine Gruppe werden, dann können es viele werden, und viele zusammen können etwas bewegen, auch und gerade in einer Demokratie.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Nicht ohne Grund steht dieser Satz an erster Stelle unseres Grundgesetzes und bildet das Fundament unserer Demokratie. Aber wir sprechen hier über die Würde aller Menschen, nicht bloß die besonders privilegierter. Und dennoch erleben wir heutzutage vermehrt immer wieder, wie diese Würde infrage gestellt wird, wie Menschen in ihrem Wert unterschieden werden. Und das gehört nicht in unser Land! Das gehört nicht in unsere Demokratie!
Ich als junger Mensch finde es besorgniserregend, dass solche Ansichten zunehmend als normal und legitim betrachtet werden, obwohl sie im direkten Widerspruch zu den Werten unseres Staates und Grundgesetzes stehen. Besonders beängstigend ist jedoch, dass Menschen mit derart feindlichen Überzeugungen mittlerweile in unseren Parlamenten vertreten sind und genau das gefährden, was es uns ermöglicht, heute hier zu stehen und unsere Meinung frei zu äußern: die Demokratie!
Ich lebe in einem Land, in dem meine Stimme zählt und meine Meinung gehört wird. Der Gedanke, nicht frei sagen zu dürfen, was ich denke, ist mir unvorstellbar. Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der ich nicht mit jedem sprechen kann, wann und wo ich möchte, weil ich in ständiger Angst leben muss, an den Staat verraten zu werden.
Vor knapp sechzig Jahren sagte der damalige Bundeskanzler Willy Brandt: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ Sechzig Jahre ist dieses Zitat alt und heute doch aktueller denn je. Aber Demokratie ist kein Selbstläufer. Sie existiert nur, wenn wir sie nicht für selbstverständlich nehmen, wenn wir für sie arbeiten und sie aufrecht erhalten.
Ich stehe heute nicht hier, um Ihnen irgendeine bestimmte Meinung aufzuzwingen. Ich stehe heute nicht hier, um mich bloß lautstark zu beschweren. Nein! Ich stehe heute hier, weil ich überzeugt davon bin, dass wir nicht schweigen dürfen, wenn unsere Demokratie gefährdet wird. Ich stehe hier, um klar und deutlich zu zeigen, dass wir Widerstand leisten müssen, wenn unsere Grundwerte bedroht werden. Ich stehe hier, um unser Grundgesetz zu würdigen und um uns alle daran zu erinnern, wie kostbar und schützenswert unsere Demokratie ist.
Meine persönliche Vorstellung des Friedens bedeutet nicht, dass sich jemand verstecken muss. Sie verlangt nicht, dass Menschen gezwungen werden, sich anzupassen. Und sie setzt nicht voraus, dass jeder einem starren Ideal zu entsprechen hat. Wahre Freiheit entsteht nicht durch Unterdrückung, sondern durch gegenseitigen Respekt, Akzeptanz und die Möglichkeit, in einer offenen und vielfältigen Gesellschaft zu leben. Und genau dafür stehe ich heute hier.
Wir alle kennen die Parole #niewiederistjetzt. Nach der Nazi-Diktatur schworen sich die Menschen, dass so etwas nie wieder geschehen dürfe! Und genau dieses „nie wieder“ ist heute.
Vielleicht haben Sie selbst schon einmal Ihre Großeltern oder Urgroßeltern gefragt: Wie konnten die Nazis an die Macht kommen und einen Weltkrieg starten? Wusstet ihr nichts von dem Massenmord und den Deportationen? Ich persönlich leite mir hieraus meine Verantwortung ab, aus der Geschichte zu lernen, damit mir meine Kinder genau diese Fragen nicht auch stellen müssen!
Also lasst uns die Vergangenheit als Mahnung sehen für das, was wieder sein könnte und lasst uns den aktuellen Hass und die Hetze als Zeichen nehmen, dass es genau jetzt wieder an der Zeit ist, für unsere Freiheit, Vielfalt und Demokratie zu kämpfen!
Und auch wenn es beängstigend klingt und auch wenn es beschämend ist, dass heutzutage 20% unseres Landes trotzdem wieder extrem wählen – nach unserer deutschen Vergangenheit – tun es 80% nicht. Und vielleicht ist es das, auf was wir uns auch konzentrieren sollten.
Und deshalb bin ich davon überzeugt, dass ich heute genau richtig hier bin, als eine dieser 80%, und hier stehe und mich für das einsetze, was mir wichtig ist. Und deshalb bin ich Ihnen allen so dankbar, dass Sie auch heute hier stehen und sich für das einsetzen, was Ihnen wichtig ist. Denn genau das müssen wir tun!
Wählen zu gehen, reicht allein nicht aus, um für die Demokratie einzustehen, entscheidend ist unser Handeln, unser aktives Handeln. Oder um Willy Brandt erneut zu zitieren: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist sie zu gestalten.“
Also lasst uns das tun. Lassen wir die Herausforderungen der Zukunft nicht einfach so auf uns zukommen. Lasst uns für eine bessere Welt, für Freiheit und für Demokratie kämpfen! Lasst uns unsere Zukunft hier und heute und auch morgen und übermorgen noch gestalten.
Und wenn der Faschismus wieder laut wird, lasst uns doch noch lauter werden!
Dankeschön.
Rede von Linda Olbing (Schülersprecherin Alexander-Lebenstein-Realschule) auf der Demonstration „Zusammen Halte(r)n für Demokratie“ am 14.2.25
Wir stehen heute hier, weil wir nicht einfach still sein können. Rechtsradikale Ideen haben in unserer Gesellschaft nichts verloren- nicht in der Politik, nicht in unseren Schulen und erst recht nicht in unseren Köpfen. Wir sind die Zukunft, und wir haben es in der Hand, in was für einer Welt wir leben wollen.
Wir wollen keine Welt voller Hass, Ausgrenzung und Angst. Aber genau das passiert, wenn rechte Gruppen immer lauter werden. Sie wollen Minderheiten schlechtmachen, unsere Demokratie schwächen und uns gegeneinander ausspielen.
Doch wir wissen, wohin das führt. Unsere Geschichte hat uns gezeigt, was passiert, wenn Menschen wegsehen- und wir sagen: Nie wieder!
Es kann nicht sein, dass Menschen wegen ihrer Herkunft oder Religion beleidigt oder angegriffen werden. Es kann nicht sein, das rechte Parolen plötzlich „normal“ sein sollen. Und es kann nicht sein, und dass wir einfach zuschauen, während unsere Gesellschaft immer mehr gespalten wird.
Lasst uns zusammenhalten! Lasst uns laut sein und für das einstehen, was wirklich zählt: Respekt, Zusammenhalt und eine Zukunft ohne Hass. Wir sind mehr, wir sind stärker, und wir lassen das nicht zu. Gemeinsam kämpfen wir für eine Welt, die bunt, gerecht und frei bleibt!
Und das fängt bei jedem Einzelnen von uns an. Es reicht nicht, nur heute hier zu stehen – wir müssen auch im Alltag Haltung zeigen.
Wenn jemand rassistische Witze macht, dann lachen wir nicht mit.
Wenn jemand ausgegrenzt wird, dann schauen wir nicht weg.
Und wenn rechte Ideologie verbreitet wird, dann sagen wir klar und deutlich: Nicht mit uns! Jede kleine Handlung zählt, und gemeinsam können wir etwas verändern.
Lasst uns nicht nur heute laut sein, sondern jeden Tag für eine gerechte und offene Gesellschaft einstehen!