Stolpersteine

Stolpersteine in Haltern

Stolpersteine – immerwährende Erinnerung

Wachzuhalten ist die Erinnerung
Ist Vergessen doch allzu leicht
Immer neu müssen wir erinnern
Und erinnert werden

Wir wollen mit unserem Stolpersteine-Plakat die Erinnerung wachhalten.

Wir erinnern nicht nur an diejenigen Opfer der Nationalsozialisten, deren mit Stolpersteinen gedacht wird. Sondern wir wollen die Erinnerung wachhalten an alle aus Haltern am See stammenden jüdischen Bürgerinnen und Bürger, die deportiert und ermordet wurden. Darunter sind die Namen derjenigen Opfer, die zuvor von Haltern in Nachbarstädte gezogen waren und von den Nazis dann vertrieben wurden. Ein Stolperstein (verlegt 2020) erinnert an Bernhard Leo Peters. Sein Name soll stellvertretend für all diejenigen stehen, die von den Nationalsozialisten als „unwertes Leben“ betrachtet und umgebracht wurden. Von den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern überlebte nur Alexander Lebenstein (verstorben 2010 in den USA).

Wir erinnern an [1]Wir greifen hier auf die Liste in Husmann (2020: 167-171) zurück und übernehmen zum Teil auch die dort verwendeten Formulierungen zu den Umständen des Todes oder Verschollenseins. Ergänzt haben … Continue reading

Cohen, Leonhard, geb. 1866 – verschollen in Minsk
Cohn, Hermann, geb. 1873 – deportiert, ermordet
Daniel, Ella geb. Hayum, geb. 1894 – ermordet in Auschwitz
Daniel, Hanna Lore, geb. 1928 – ermordet in Auschwitz
Daniel, Heinrich, geb. 1888 – ermordet in Auschwitz
Fresco, Fanny, geb. Meyer, geb. 1879 – ermordet in Auschwitz
Hamacher, Carl Heinrich, geb. 1902 – ermordet in Auschwitz
Herzfeld, Fritz-Otto, geb. 1911 – verschollen in Riga
Herzfeld, Rosalie geb. Leeser, geb. 1881 – ermordet in Cholm II
Kleeberg, Jeanette geb. Gottschalk, geb. 1885 – ermordet in Riga
Lebenstein, Charlotte geb. Josephs, geb. 1884 – ermordet in Auschwitz
Lebenstein, Nathan geb. 1880, – ermordet im KZ Riga
Lebenstein, Ranette, geb. 1867, – ermordet in Theresienstadt
Meyer, Caecilia, geb. 1877 – ermordet
Meyer, Dora, geb. 1874 – ermordet
Meyer, Jakob, geb. 1886 – ermordet in Auschwitz
Meyer, Jette H., geb. 1878 – unbekannt verschollen
Meyer, Max, geb. 1888 – unbekannt verstorben
Meyer, Rosalie, geb. Hertz – ermordet in Auschwitz
Peters, Bernhard Leo, geb. 1912 – ermordet in Hadamar
Pins, Sara, geb. Meyer, geb. 1870 – ermordet in Auschwitz
Rosenberg, Anna geb. Weyl, geb. 1867 – ermordet in Theresienstadt
Weyl, Abraham, geb. 1869 – verschollen in Minsk

(Die Namen derjenigen, für die ein Stolperstein gelegt wurde, haben wir kursiv hervorgehoben.)

Nationalsozialismus und die Verfolgung jüdische Familien in und aus Haltern

Bereits 1925 gründete sich eine Ortsgruppe der NSDAP  in Haltern (Husmann 2020: 181ff.). Unmittelbar nach der Ernennung Hitlers zum Reichkanzler im Januar1933  übernahmen die Nazis auch in Haltern vollständig die Macht. Man verhaftete führende Mitglieder der SPD und KPD. Bei den Kommunalwahlen wurde die NSDAP stärkste Partei in der Stadt Haltern (43,6%), während im Amt Haltern die Zentrumspartei mit 54,5% noch die Mehrheit hatte (NSDAP: 30,8%). Bereits im April 1933 trug man Hitler die Ehrenbürgerschaft der Stadt Haltern an. Die Zentrumspartei löste sich selbst auf (Husmann 2020: 184-185). Der Bürgermeister wurde von den Nazis eingesetzt. [2]Siehe hierzu auch Bickhove-Swiderski 2020.

Die Verfolgung der jüdischen Menschen wurde ab 1933 systematisiert und gesetzlich legitimiert [3]siehe auch https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/ausgrenzung-und-verfolgung.html. Auch in Haltern boykottierte man jüdische Geschäfte, die im öffentlichen Dienst beschäftigten Juden wurden entlassen, die jüdischen Kinder der Schulen verwiesen, Vereine schlossen jüdische Mitbürger:innen aus. Der „gelbe Stern“ war als Zeichen der Ausgrenzung zwangsweise zu tragen. Die Menschen wurden ghettoisiert, in Haltern im Haus von Hermann Cohn in der Münsterstraße 28. Die Nazi-Deutschen bemächtigten sich des Besitzes der jüdischen Bevölkerung, ihre Konten wurden gesperrt und ihr Vermögen bei Auswanderung und Deportation enteignet. Verhaftungen, Folter, Verschleppung, systematische, fabrikmäßig organisierte Ermordung in Konzentrationslagern folgten.

Bereits 1935 waren in Haltern Schilder am Ortseingang, in Geschäften und Gaststätten zu sehen: „Juden unerwünscht“ (Husmann 2020: 29ff.). Häuser markierte man mit zur Tat auffordernden Hinweisen wie: „Hier wohnt ein Jude“. In der Pogromnacht 1938 wurden Juden verhaftet, ihre Wohnungen zerstört, das Mobiliar warf man auf die Straße und verbrannte es. Die Synagoge und der jüdische Friedhof wurden verwüstet und zerstört, die Überreste gab man für den Straßenbau frei (Husmann 2020: 69). Viele jüdische Mitbürger und Mitbürgerinnen flüchteten in andere Städte, entkamen aber nicht der Deportation und Ermordung. 1942 lebten noch fünf jüdische Menschen, eingesperrt im Haus Münsterstraße 28; alle wurden deportiert. Allein der fünfzehnjährige Alexander Lebenstein überlebte. Er ist der einzige Überlebende der 27 zu Beginn der 1930er Jahre in Haltern lebenden jüdischen Menschen.

Stolpersteine in Haltern am See

Die Stolpersteine sind ein Kunstprojekt von Gunter Demnig : www.stolpersteine.eu.

In Haltern am See wurden insgesamt 12 Stolpersteine verlegt, elf im Jahre 2005 für jüdische Menschen und ein weiterer für den an Epilepsie leidenden Bernhard Leo Peters im Jahr 2020.

Maaike Thomas, Ratsmitglied von Bündnis 90/ Die Grünen, schlägt 2003 vor, Stolpersteine (www.stolpersteine.eu) in Haltern am See zu verlegen. Ein entsprechender Antrag der Grünen wird im Kulturausschuss einstimmig verabschiedet. 2004 findet eine öffentliche Informationsveranstaltung im Rathaus mit dem Künstler Gunter Demnig statt.

Am 26. Februar 2005 werden Stolpersteine für elf Personen, die zur Zeit der Pogromnacht 9./10. November 1938 ihren Wohnsitz in Haltern hatten, vor sechs Wohnhäusern verlegt. Die elf Stolpersteine erinnern an deportierte Mitbürgerinnen und Mitbürger, von denen nur einer, Alexander Lebenstein, den Holocaust überlebt hat. Zur Erinnerung an Bernhard Leo Peters verlegte Künstler Gunter Demnig im Jahr 2020 einen weiteren Stolperstein in Lavesum. Die Nazis hatten den an Epilepsie erkrankten Bernhard Leo Peters als „lebensunwert“ eingestuft und 1943 ermordet.

Stolpersteinprojekt von Gunter Demnig

„Gunter Demnig verlegt Stolperstein in Lavesum“


Stolpersteine-Plakat – with a little help from our friends

Dass das  Plakat zustande gekommen ist, ist vielen zu verdanken. Dank gilt Maaike Thomas, ohne die es die Stolpersteine in Haltern wohl nicht gäbe; Lea Döbber verdanken wir die schöne grafische Gestaltung des Plakats; Stadtarchivar Gregor Husmann danken wir für seine detailreiche Publikation über die Geschichte der jüdischen Familien in Haltern, auf die wir zurückgegriffen haben; von den Mitgliedern des Forums für Demokratie, Respekt und Vielfalt und insbesondere von Friedrich Halfmann kamen wichtige Hinweise zur Plakatgestaltung. Der Verein Vitus e.V. (www.vitus-haltern.de) hat dankenswerterweise die Kosten für den Druck der Plakate übernommen.

Hermann Döbber / Werner Nienhüser
(Mitglieder des Forums für Demokratie, Respekt und Vielfalt)

 

Stolpersteine-Plakat hängt nun im Rathaus


Weitere Informationen

Hauptsächlich verwendete Literatur

  • Bickhove-Swiderski, Ortwin 2020: Die Anfänge der NS-Zeit in Haltern am See – und der Fall Bernard Gewert aus Sythen. Dülmen: Laumann-Verlag
  • Husmann, Gregor 2020: Jüdische Familien in Haltern und aus Haltern – Eine offene Spurensuche… – Eine Veröffentlichung des Stadtarchivs Haltern am See 2020. Haltern: Stadtarchiv

 

 

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Wir greifen hier auf die Liste in Husmann (2020: 167-171) zurück und übernehmen zum Teil auch die dort verwendeten Formulierungen zu den Umständen des Todes oder Verschollenseins. Ergänzt haben wir die Liste durch den Namen von Bernhard Leo Peters.
2 Siehe hierzu auch Bickhove-Swiderski 2020.
3 siehe auch https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/ausgrenzung-und-verfolgung.html