CSD: “Der Streit um das ´Olympia-Abendmahl´”

(von Friedrich Halfmann, 15.8.2024)[1]Die Ansichten des Verfassers geben nicht unbedingt die Meinung des gesamten Forums oder seiner Mehrheit wieder.

Der Streit um das „Olympia-Abendmahl“

Die Präsentation der Abendmahlsszene nach da Vinci während der Eröffnung der Olympiade in Paris hat weltweit zu Protesten geführt, auch solchen von römisch-katholischer Bischofskonferenzen auf der ganzen Welt und sogar vom russischen Patriarchat.

Ich glaube den Genannten, dass sie sich tief verletzt fühlten. Denn die präsentierten Gäste, „Die Queers“, gehören ihrer Meinung nach allesamt nicht an den Tisch da Vincis und erst recht nicht zum Abendmahlssaal.

Nach Meinung dieser, ich nenne sie mal „Religiös Empörte“, erscheint es nicht nur als ungehörig, im Abendmahlssaal zu erscheinen sondern als eine Frechheit, sich einfach an den Tisch Jesu zu setzen und das zu feiern, was Jesus von Nazareth damals getan hat.

Vielleicht, vielleicht am „Katzentisch“, wenn es bei da Vinci einen solchen gegeben hätte, aber doch nicht beim Festgelage selbst.

Wer über die verbalen Reaktionen unserer „Religiös Empörten“ allzu sehr erschrocken war, hat wohl vergessen, dass es immer schon Christen gab, die meinten, das „Heilige“ dadurch schützen zu können, dass man den Zutritt zu ihm erschwert bzw. versperrt.

Schon unter den ersten Christen gab es diesen Typ der Empörten, die z.B. glaubten, nur Juden seien berechtigt, an der Tafel sitzen.

Unsere heutigen Empörten stehen in einer langen Tradition als Verteidiger des Mahles und des rechten Glaubens und beziehen hieraus die ganze Legitimation zu lautem Protest.

Aber kann man die Szene von Paris nicht auch anders lesen? Ein Versuch.

Die französische Olympiagesellschaft hatte einem Team von Künstlern den Auftrag gegeben, ein Fest zu organisieren. Künstlern also, nicht einem totalitären Polizeiapparat, wie seinerzeit in China oder einer faschistischen Partei wie 1936, die beide auf ihre Weise phantastische Orgien gleich­geschalteter Menschenmassen präsentierten, um allen klar zu machen, welch kleine Rädchen Menschen im Ganzen sind.

Künstler aber, darüber darf man sich nicht wundern, bespielen andere Instrumente. Sie schöpfen aus allen nur möglichen Quellen unserer Kultur.

Und genauso haben sie die Eröffnungsfeier gestaltet: Frauen und Männer aus aller Welt durften uns daran teilnehmen lassen zu phantasieren, zu was wir fähig sein könnten, wenn wir frei und geschwisterlich und gleich lebten, gleichsam über unsere Grenzen hinaus gingen. Und sie haben es auf eine phantastische Weise getan. Wer es gesehen hat, konnte sich beglückt mitnehmen lassen.

Die Gruppe um Thomas Jolly griff zurück auf „da Vinci“.

Kulturell Bewanderte haben sofort „Das Abendmahl“gesehen, jene ikonische Repräsentation da Vincis aus dem 15.Jahrhundert, die dem ursprünglichen Abendmahl noch sehr nahe kommt: eine typisch männlich dominierte Gesellschaft, die an Normalität nicht zu übertreffen war, auch nicht hinsichtlich ihrer menschlichen Schwächen und ihrer kriminellen Energie.

In diese Gemeinschaft stiftete der Gastherr, Jesus von Nazareth durch zwei Handlungen, die Fußwaschung seiner Gäste und das Teilen von Brot und Wein, das Vermächtnis seines Lebens und Todes. Niemand konnte damals ahnen, dass diese beiden Handlungen, in die Welt umgesetzt, einmal Grundlagen einer neuen Weltordnung sein könnten und werden würden. Als Utopie und bleibende Verheißung blieben sie auch Dank „da Vinci“ bis heute lebendig.

Es waren Atheisten, Laizisten, die anlässlich eines säkularen Festes dieses hoch-religiöse Symbole, das Mahl, ins Spiel brachten, dieses Symbol mittels einer Neubesetzung des Tischs mit queeren Menschen, mit einer Dragqueen in der Mitte an der Stelle Jesu, so aufbrachen, dass seine ursprüngliche Sprengkraft „erlebbar“ wurde.

Diese Atheisten haben meines Erachtens den Kern der Botschaft Jesu aufscheinen lassen, der „sein Blut für alle vergossen“ hat und sie ins Heute übersetzt. Sie haben sich selbst und alle Zuschauenden an das Utopische dieser Frohen Botschaft erinnert, dass es Irgendwann keine „Katzentische“ mehr geben werde. Und sie sagten:

DIESE ZEIT IST JETZT.

Lasst sie uns feiern !!

Ohne ein böses Wort, ohne einen Vorwurf und ohne jegliche Aggression gegenüber den „Kirchen“ wurde eine „gefährliche Erinnerung“ (J.B. Metz) aufgerufen.

Die Künstler haben diese angeblich nur religiöse Botschaft Jesu dorthin übersetzt, wo sie hingehört, in unsere jetzige Welt, mitten in die Grenzen sprengende Eröffnungsfeier von Olympia in Frankreich, Paris, 2024.

Friedrich Halfmann 15.8.2024

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Die Ansichten des Verfassers geben nicht unbedingt die Meinung des gesamten Forums oder seiner Mehrheit wieder.