Forums-Dauerthema Krieg und Frieden – Unerwartete Unterstützung durch die KI?

Wilhelm Neurohr / Werner Nienhüser[1]Die Ansichten der Verfasser geben nicht unbedingt die Meinung des gesamten Forums oder seiner Mehrheit wieder.

Seit der Forums-Gründung in 2019 hat das Thema Krieg und Frieden sowie atomare Abrüstung die Forums-Mitglieder immer wieder sehr bewegt. Dies belegen über 50 Veranstaltungen und Aktionen (vor und nach Beginn des Ukraine-Krieges), wie dem Archiv der Webseite aus den 7 zurückliegenden Jahren zu entnehmen, zuletzt die Friedensfeier zum Flaggentag der Bürgermeister für den Frieden am 8. Juli 2025: Haltern zeigt Flagge für den Frieden.

Die gegenwärtige Militarisierung und Aufrüstungsspirale sowie die Kriegsrhetorik und Anwerbung von Soldaten spalten teilweise die Gesellschaft und auch die Friedensbewegung. Die Diskussionen bewegen sich zwischen Pazifismus einerseits und verändertem Sicherheitsdenken mit militärischer Ausrüstung und Bewaffnung andererseits. Hinzu kommt in Zeiten inhumaner, menschenrechtsverletzender und völkerrechtswidriger Zustände die zunehmende Erwartung, dass vor allem mit künstlicher Intelligenz (KI) sowohl eine effektivere Kriegsführung als auch eine Problemlösung in allen anderen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen erfolgen könne und so die auf Abwegen geratene Menschheit mit höherer Intelligenz in eine bessere Zukunft geführt werden könne.

Was aber vermag die KI in der Frage von Krieg und Frieden derzeit beizutragen? Dazu ein Test über ChatGPT mit interessanten und erstaunlichen Antworten auf grundlegende Fragen.

Was „meint“ ChatGPT, wie man Frieden herbeiführen kann?

Gefragt haben wir ChatGPT folgendes:

  1. Wie kann man Frieden in der Welt herbeiführen?
  2. Wie kann man Abrüstung wirklich erreichen?
  3. Was kann jeder Einzelne tun?

Hier nun die Antworten:

„Das sind drei der wichtigsten und schwierigsten Fragen unserer Zeit. Ich beantworte sie Schritt für Schritt, jeweils knapp, aber mit Tiefe:


1. Wie kann man Frieden in der Welt herbeiführen?

Grundsätzlich: Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Er umfasst Gerechtigkeit, Würde, Sicherheit und Teilhabe für alle.

Voraussetzungen:

  • Gerechte Wirtschaftsordnung: Globale Ungleichheit ist ein Nährboden für Konflikte.
  • Bildung und kritisches Denken: Wer Zusammenhänge versteht, lässt sich schwerer instrumentalisieren.
  • Internationale Institutionen stärken: UN, OSZE, etc. müssen unabhängig, legitimiert und handlungsfähig sein.
  • Kulturelle Empathie fördern: Verständnis statt Feindbilder.

Konkrete Wege:

  • Diplomatie statt Drohpolitik: Reden, nicht rüsten.
  • Friedensverträge und Vermittlerrollen: Auch „neutrale“ Staaten können viel bewirken.
  • Klimaschutz als Friedenspolitik: Ressourcenknappheit treibt Konflikte an.
  • Zivile Konfliktprävention: Früh eingreifen, lokal handeln.

2. Wie kann man Abrüstung wirklich erreichen?

Hindernisse:

  • Sicherheitsdilemma: „Wenn die anderen abrüsten, tun wir es auch.“
  • Machtinteressen und Waffenlobbys.
  • Misstrauen zwischen Staaten.

Wege zur Abrüstung:

  • Vertrauensbildung durch Transparenz: Offenlegung von Rüstungsdaten, gegenseitige Inspektionen.
  • Verträge mit Verifikationsmechanismen: z. B. INF-Vertrag, Atomwaffensperrvertrag.
  • Zivilgesellschaftlicher Druck: ICAN (Friedensnobelpreis 2017) hat gezeigt, dass Protest wirkt.
  • Abrüstungsdividende sichtbar machen: Zeigen, dass weniger Waffen zu mehr Wohlstand führen können.

Langfristig:

  • Sicherheit nicht militärisch denken, sondern ökologisch, sozial, diplomatisch.

3. Was kann jeder Einzelne tun?

Im Alltag:

  • Bewusst konsumieren: Keine Geschäfte mit Rüstung, keine Produkte aus Konfliktregionen unterstützen.
  • Informiert bleiben und Desinformation erkennen: Friedensbildung beginnt im Kopf.
  • Engagieren: In Friedensgruppen, Kirchen, NGOs, politischen Parteien.
  • Wählen gehen: Wer Rüstungspolitik ablehnt, muss auch so abstimmen.
  • Empathie leben: Im Privaten wie im Politischen – Konflikte lösen lernen, gewaltfrei kommunizieren.

Langfristig:

  • Kinder zu friedensfähigen Menschen erziehen.
  • Friedenslogik statt Kriegslogik verbreiten – in sozialen Netzwerken, Diskussionen, Bildungsarbeit.

Wenn du willst, kann ich dir auch: eine kurze Rede zum Thema schreiben | Zitate großer Friedensdenker hinzufügen | einen konkreten Maßnahmenplan für eine Stadt, Schule oder Organisation entwerfen. Sag einfach Bescheid.“


Dem „freundlichen“ Angebot, eine Rede für uns zu schreiben etc. sind wir dann nicht nachgekommen. Wir haben aber ChatGPT eine weitere Frage gestellt, die man in vielen Diskussionen hört oder auch selbst äußert.

Mit Putin verhandeln??

Was mache ich aber bei einem Agressor wie Putin, mit dem man nicht verhandeln kann?

Hier die Antworten von ChatGPT:

„Das ist die zentrale und schwierigste Frage der Friedensethik:
Was tun, wenn jemand wie Putin scheinbar auf Diplomatie nicht reagiert, sondern mit Gewalt Fakten schafft?

Hier einige ehrliche, differenzierte Gedanken:


1. „Mit dem kann man nicht verhandeln“ – stimmt das wirklich?

  • Geschichte zeigt: Auch mit autoritären oder brutalen Machthabern wurde verhandelt – oft zähneknirschend, aber erfolgreich. Beispiele: Kalter Krieg, Nordirland, sogar Taliban in Doha.
  • Putin verhandelt durchaus – aber nicht unter Druck, sondern aus Stärke. Verhandlungen brauchen kluge Strategien, Verständnis der russischen Psyche, und klare Interessen – nicht Naivität.

→ Die Alternative zur Verhandlung ist meist Eskalation – nicht Gerechtigkeit.


2. Was tun gegen aggressive Staaten?

Es gibt drei Grundstrategien – oft in Kombination:

a) Abschreckung und Schutz:

  • Realpolitik anerkennt, dass ein gewisses Maß an Verteidigung nötig ist.
  • Die Ukraine hätte ohne westliche Unterstützung wohl nicht überlebt.

Aber: Reine militärische Logik eskaliert oft. Jeder Schritt hat einen Gegenschritt zur Folge.

b) Diplomatie und „Backchannel“-Verhandlungen:

  • Auch im Ukrainekrieg laufen verdeckte Verhandlungen (z. B. über Gefangenenaustausch, Getreideexporte).
  • China, Türkei, Brasilien könnten als Vermittler fungieren, wenn der Westen nicht akzeptiert wird.

c) Langfristige Erosion von Macht durch wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Druck:

  • Sanktionen wirken – langsam, aber spürbar.
  • Isolation schwächt Legitimation nach innen.
  • Widerstand innerhalb des Aggressorstaats ist selten, aber entscheidend (z. B. Alexei Nawalny, Desertionen, Medienprotest).

3. Und was kann ich gegen einen Putin tun?

Du hast nicht die Macht, Kriege zu stoppen. Aber du kannst:

  • Informiert bleiben: Keine simplen Schwarz-Weiß-Erzählungen glauben.
  • Differenzierte Debatten führen: Nicht in „Kriegstreiber vs. Pazifist“ verfallen – es gibt dazwischen viele Wege.
  • Solidarität zeigen: Mit Betroffenen des Kriegs – in Russland, der Ukraine, Belarus.
  • Druck auf demokratische Regierungen ausüben: Für Friedensinitiativen, zivile Alternativen, Unterstützung der Zivilgesellschaft.

4. Es gibt keine Patentlösung – aber eine Haltung

💡 Der Philosoph Karl Jaspers (der Satz stammt von Willy Brandt; bei Jaspers haben wir, die Verfasser dieses Artikels,  ihn nicht finden können)[2]ChatGPT „meint“, der Satz stamme von Jaspers. Wir denken aber, dass er von Willy Brandt ist:  Rede auf der Festveranstaltung anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Verlags … Continue reading sagte:

„Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“

Friedenspolitik heißt nicht: alles hinnehmen.
Aber sie fragt bei jedem Schritt: Was bringt uns dem Frieden näher – und was nicht?


Wenn du magst, kann ich dir ein Gedankenpapier schreiben: „Frieden in der Zeit der Aggressoren“ – für eine Rede, eine Schulstunde oder zur eigenen Orientierung. Sag einfach Bescheid.“

Ist die KI (ChatGPT) pazifistisch eingestellt?

Das Meinungsspektrum innerhalb des Forums bewegt sich im Spannungsfeld zwischen pazifistischer Grundeinstellung und und einer Haltung, die zumindest eine Verteidigungsfähigkeit Deutschlands gegen Aggressoren und eine militärische Unterstützung der Ukraine für notwendig hält.  Dieses Spannungsfeld finden wir auch in der Bevölkerung wieder. Die  derzeitige Regierung scheint allerdings eher auf die Logik der Abschreckung zu setzen. Für Verteidigung – so das Verteidigungsministerium am 30.7.2025 – stehen im kommenden Jahr „insgesamt mehr als 108 Milliarden Euro zur Verfügung“. Im Jahr 2026 werden „weitere 10.000 militärische Planstellen und 2.000 zivile Planstellen geschaffen. Damit wächst der Personalhaushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung auf insgesamt 202.483 militärische und rund 77.899 zivile Planstellen auf.“  Für einen „Neuen Wehrdienst“ sollen insgesamt „20.000 militärische Stellen für Soldatinnen und Soldaten auf Zeit ausgebracht“ werden. Wie steht es mit Anstrengungen im Bereich ziviler Verteidigung, wie steht es um Verhandlungen oder andere nicht-militärische Verteidigung und Intervention (etwa Stärkung der russischen Zivilgesellschaft)? Mag sein, dass manches einer breiteren Öffentlichkeit nicht bekannt werden kann.  

Zu weit geht aber die Forderung von Nato-Generalsekretär Mark Rutte : Wir müssten, so fordert er, eine Kriegsmentalität entwickeln, eine „mentality of war“. Dies ist besorgniserregend. In den Talkshows begegnet uns dieses einseitige Denken recht häufig. Wie selbstverständlich wird über die Effizienz von Waffensystemen diskutiert und welche militärischen Strategien wirkungsvoll sind. Militärexpert:innen äußern sich in allen Medien. Eine kritische Haltung zu Aufrüstung und Krieg wird oftmals niederdiskutiert, manchmal geradezu verspottet. Radikaler Pazifismus mag falsch sein. Eine Kriegsmentalität, die unsere Gesellschaft durchdringt, ist aber sicher falsch. Wir meinen: In einer Zeit, in der wir das Tötungspotenzial durch Aufrüstung erhöhen wollen, ist friedliches Denken unbedingt nötig. Krieg darf niemals als normales Mittel der Politik gedacht werden. Eine Kriegsmentalität, die das Denken beherrscht, ein Denken, in dem Volk, Nation, Deutschland, über dem einzelnen Menschen stehen, ein solchen Denken macht Krieg, auch Angriffskrieg, wahrscheinlicher. Soviel können wir aus der Geschichte lernen.[3]Ausführlicher werden diese Punkte in einer Rede von Werner Nienhüser behandelt, siehe: https://denkmallippramsdorf.de/2025/05/11/rede-zur-gedenkfeier-2025

Von der KI lernen? Leider nicht!

Die KI zeigt auf jeden Fall eine Haltung, die nicht allein auf Verteidigung, Aufrüstung und möglichen Krieg setzt, sondern deutlich auch auf Verhandlungen, selbst bei einem Aggressor wie Putin: Anerkenne, sagt die KI, „dass ein gewisses Maß an Verteidigung nötig ist“, dass aber eine rein militärische Logik nicht ausreiche, sondern auch Verhandlungen (verdeckt und ggf. über Dritte) erforderlich seien, nicht zuletzt auch wirtschaftliche Sanktionen und Stärkung des Widerstandes innerhalb Russlands.

(Nicht) von der KI lernen, weil sie „links“ ist? 

 Die Ki ist an vielen Texten und Daten trainiert; sie arbeitet nicht durch Abfragen von Informationen und z.B. Datenbanken, sondern über Wortwahrscheinlichkeiten, die sich aus den Trainingstexten ergeben. Manchmal „halluziniert“ die Software auch, d.h. sie „erfindet“ etwas.  

Es gibt  Untersuchungen darüber, welche politische Position („Einstellung“) die KI-Software hat. Eine aktuelle Untersuchung kommt zu dem Befund, dass KI zu „Mitte-Links“ tendiert:

When probed with questions/statements with political connotations, most conversational LLMs tend to generate responses that are diagnosed by most political test instruments as manifesting preferences for left-of-center viewpoints.“ (Rozado D (2024) The political preferences of LLMs. PLoS ONE 19(7): e0306621.)

Von KI lernen, wenn man weiß, was sie tut? Vielleicht…

Allerdings hat Rozado nach der Analyse vorhandener System dann einige „Sprachmodelle“, also unterschiedliche KI-Software-Programme, mit „linken“ und „rechten“ Daten „frisiert“ („fine-tuned“), z.B. mit Texten von Zeitungen, die als „links“ oder „rechts“ gelten. Dann zeigten die Sprachmodelle eine deutliche „linkere“ oder „rechtere“ Einstellung. Bisher, darauf weist Rozado hin, haben wir uns auf Suchmaschinen oder Plattformen wie Wikipedia verlassen, um uns zu informieren. Wenn aber die KI solche Informationsquellen verdrängt, wird es auf die Trainingsdaten ankommen, welche „Positionen  die KI vertritt“ und was uns über richtiges und falsches Handeln gesagt wird.

Wie kann man aber KI-Antworten überprüfen und kritisieren? Insbesondere dann, wenn die KI-Plattformen privaten, gewinnorientierten Unternehmen gehört und wir nicht wissen, anhand welcher Daten sie trainiert sind, sind Überprüfung und Kritik kaum möglich. 

So lange wir also nicht wissen, wie die Antworten zustande kommen, müssen wir noch skeptischer sein als sowieso schon nötig.  Dass bei unseren Fragen die KI (ChatGPT) diesmal eine Antwort gibt, die uns gefällt, sagt rein gar nichts über die Qualität der Antwort. [4]Die KI-Verordnung der EU könnte die Intransparenz eventuell reduzieren, sie gilt aber erst ab August 2026; https://ai-act-law.eu/de/), in den USA gelten diese Regeln aber nicht und es ist zu fragen, … Continue reading

Das Bild wurde mit ChatGPT erzeugt. 

 

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Die Ansichten der Verfasser geben nicht unbedingt die Meinung des gesamten Forums oder seiner Mehrheit wieder.
2 ChatGPT „meint“, der Satz stamme von Jaspers. Wir denken aber, dass er von Willy Brandt ist:  Rede auf der Festveranstaltung anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Verlags J.H.W. Dietz Nachf. in Bonn, 3. November 1981; siehe hier S. 369. Das Zitat wird auch nicht richtig wiedergegeben. Es lautet richtig so: „Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.“ Man sieht hier an diesem kleinen Beispiel, wie falsche „Antworten“ entstehen können. Da die Formulierung von ChatGPT von Worthäufigkeiten ausgeht und Brandts Formulierung – die Stellung des Wortes „alles“ – weniger wahrscheinlich ist, „korrigiert“ ChatGPT. Deswegen muss man ChatGPT am besten schon bei der Frage (Prompt)  „sagen“, dass nicht halluziniert werden darf. Wie ist das aber bei unserer Frage nach dem Frieden? Ist da nicht „Denken“ über den Status Quo hinaus notwendig? Manche würden bei einem solchen Denken – menschlichen Denken – wohl schon von Visionen oder Halluzinationen sprechen.
3 Ausführlicher werden diese Punkte in einer Rede von Werner Nienhüser behandelt, siehe: https://denkmallippramsdorf.de/2025/05/11/rede-zur-gedenkfeier-2025
4 Die KI-Verordnung der EU könnte die Intransparenz eventuell reduzieren, sie gilt aber erst ab August 2026; https://ai-act-law.eu/de/), in den USA gelten diese Regeln aber nicht und es ist zu fragen, inwieweit diese Rechte gegen US-Konzerne durchgesetzt werden.